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Raketenstart ins Geschäft: Isar Aerospace erhält erstmals staatliche Aufträge

Als erstes privat finanziertes Unternehmen in Europa soll Isar Aerospace zwei Raketenstarts für die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) realisieren.

Damit erhält die 2018 gegründete Firma nicht nur Zugang zu staatlichen Aufträgen, sondern markiert auch einen Wandel in der europäischen Raumfahrtpolitik hin zu mehr privater Beteiligung wie in den USA.

Premiere für ein deutsches Start-up

Noch hat Isar Aerospace keine Rakete erfolgreich in den Orbit gebracht. Der erste Testflug der zweistufigen „Spectrum“-Rakete scheiterte im März 2025 nach etwa 30 Sekunden. Dennoch vertraut die ESA dem Unternehmen zwei Missionen an.

Die geplanten Starts sollen Satelliten des niederländischen Unternehmens ISI Space und der französischen Firma Infinite Orbits in Umlaufbahnen befördern. Nach Informationen aus Branchenkreisen dürfte der Auftragswert bei rund 20 Millionen Euro liegen.

Daniel Metzler, Mitgründer und CEO von Isar Aerospace, sieht darin einen Meilenstein: Die Aufträge seien ein Ausdruck des Vertrauens europäischer Institutionen und zugleich ein Hebel, um weiteres Kapital für die deutsche Raumfahrtindustrie zu mobilisieren. Rein rechnerisch könnten daraus Impulse von bis zu 800 Millionen Euro entstehen.

Zusätzliche Förderung durch ESA-Programm Boost

Neben den Startaufträgen hat Isar Aerospace einen weiteren Vertrag mit der ESA unterzeichnet: Im Rahmen des Förderprogramms „Boost!“ fließen 15 Millionen Euro an das Unternehmen. Die Mittel sollen unter anderem in den Aufbau der Triebwerksproduktion sowie in den geplanten zweiten Testflug fließen. Auch der Ausbau der neuen Produktionsstätte in Parsdorf bei München wird dadurch unterstützt.

Das 40.000 Quadratmeter große Werk soll ab 2026 jährlich bis zu 40 Spectrum-Raketen fertigen – ein ehrgeiziges Ziel, das Isar Aerospace im europäischen Raumfahrtsektor weiter etablieren könnte. Mit bislang über 400 Millionen Euro eingesammeltem Risikokapital und einer Wandelanleihe über weitere 150 Millionen Dollar zählt das Unternehmen zu den am besten finanzierten „New Space“-Start-ups in Europa.

Marktöffnung für private Anbieter

Die Vergabe der ESA-Aufträge an ein privatwirtschaftliches Unternehmen markiert einen Kurswechsel. Bisher wurden Satellitenstarts überwiegend von staatlich mitentwickelten Trägersystemen wie der Ariane durchgeführt. Mit der Öffnung hin zu Anbietern wie Isar Aerospace soll die technologische Souveränität Europas gestärkt und die Abhängigkeit von außereuropäischen Diensten verringert werden.

ESA-Direktor Toni Tolker-Nielsen betont, dass die Diversifizierung der Startanbieter entscheidend für die künftige Wettbewerbsfähigkeit Europas sei. Die Initiative sei Teil einer langfristigen Strategie, um unabhängigen Zugang zum Weltraum sicherzustellen.

Wettbewerb und Perspektive

Internationale Vorbilder wie SpaceX oder Rocket Lab haben vorgemacht, wie privat finanzierte Raumfahrt neue Märkte erschließen kann. SpaceX wird aktuell mit über 500 Milliarden Dollar bewertet – als wertvollstes Privatunternehmen der Welt. Auch wenn Isar Aerospace in einer anderen Größenordnung operiert, zeigt sich: Das Interesse am New-Space-Markt ist groß – sowohl bei Investoren als auch bei staatlichen Institutionen.

Stella Guillen, Chief Commercial Officer bei Isar Aerospace, fordert, dass der Staat nicht nur Entwicklungsprojekte bezuschussen, sondern auch als Kunde auftreten müsse. Programme wie Boost! oder die European Launcher Challenge seien ein Anfang, müssten jedoch durch konsequente Marktöffnung flankiert werden.

Risiken und nächste Schritte

Trotz der Aufträge bleibt der Druck hoch. Der erste Testflug war nicht erfolgreich, der zweite ist für Ende 2025 geplant. Gelingt dieser, könnten kommerzielle Starts in Serie folgen. Derzeit arbeitet Isar Aerospace an der Skalierung seiner Produktion – und daran, die Zuverlässigkeit der eigenen Technik unter Beweis zu stellen.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich das Start-up nicht nur als Hoffnungsträger, sondern auch als verlässlicher Anbieter in einem hochsensiblen Markt etablieren kann. Die ESA setzt jedenfalls erste Impulse in diese Richtung – mit finanzieller Unterstützung und der Öffnung hin zu neuen Raumfahrtpartnern.