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Warum die Rothaus-Brauerei dem Land Baden-Württemberg gehört

Viele Verbraucher staunen, wenn sie erfahren, dass eine der bekanntesten deutschen Brauereien nicht in privater Hand liegt. Die Badische Staatsbrauerei Rothaus gehört vollständig dem Land Baden-Württemberg. Dass ein Bundesland ein Bierunternehmen führt, wirkt ungewöhnlich. Die Gründe liegen tief in der Geschichte des Schwarzwalds – und bis heute prägt die besondere Eigentümerstruktur die Entwicklung des Unternehmens.

Die Wurzeln reichen ins 18. Jahrhundert zurück. Als das Benediktinerkloster St. Blasien im Schwarzwald wirtschaftliche Schwierigkeiten hatte, gründeten die Mönche 1791 eine Brauerei, um zusätzliche Einnahmen zu sichern. Nach der Säkularisation im frühen 19. Jahrhundert ging der Besitz – wie viele kirchliche Güter – in staatliche Verwaltung über. Der badische Staat führte den Betrieb weiter, vor allem aus fiskalischen Gründen und zur regionalen Versorgung.

Im 20. Jahrhundert blieb die Brauerei im Besitz des Landes. Während viele andere Staatsbetriebe nach dem Krieg privatisiert wurden, hielt das Land Baden-Württemberg an Rothaus fest. Entscheidende Gründe waren die wirtschaftliche Stabilität, die Bedeutung regionaler Arbeitsplätze und der Wunsch, ein traditionsreiches Unternehmen ohne Not zu verkaufen. Die Brauerei entwickelte sich über Jahrzehnte zu einer verlässlichen Einnahmequelle für den Landeshaushalt.

Wie sich das Unternehmen unter Staatsregie entwickelt

Trotz öffentlicher Eigentümerschaft agiert Rothaus wirtschaftlich eigenständig. Das Unternehmen unterliegt keinen politischen Weisungen im Tagesgeschäft, arbeitet marktorientiert und trägt den Etat selbst. Die Strategie ist konservativ geprägt: kein aggressives Wachstum, keine internationalen Übernahmen, sondern ein klarer Fokus auf die Kernprodukte. Das bekannteste davon – das Tannenzäpfle – entwickelte sich zu einer der erfolgreichsten Biermarken im Süden Deutschlands.

Die Brauerei investiert regelmäßig in moderne Anlagen und setzt auf eine stabile Qualitätsstrategie. Dass das Land Eigentümer ist, zeigt sich vor allem in langfristigen Entscheidungen. Gewinne fließen an den Landeshaushalt, riskante Experimente bleiben aus. Im Ergebnis präsentiert sich Rothaus als hochprofitables Unternehmen mit vergleichsweise schlanker Struktur. Der Vorteil staatlichen Eigentums liegt hier weniger in politischem Einfluss, sondern in planbarer Kontinuität.

Welche Rolle die regionale Verankerung spielt

Rothaus profitiert stark vom Standort im Hochschwarzwald. Das ländliche Umfeld prägt das Markenbild, gleichzeitig ist die Brauerei ein wichtiger Arbeitgeber in einer strukturell schwächeren Region. Genau dieser regionalpolitische Aspekt erklärt, warum Verkaufsideen bislang keine Mehrheit fanden. Ein privater Erwerber könnte Standortentscheidungen anders treffen – ein Risiko, das die Landespolitik vermeiden wollte. Die öffentliche Eigentümerschaft stabilisiert somit ein wirtschaftliches Zentrum im ländlichen Raum.

Dabei bleibt die Brauerei betriebswirtschaftlich wettbewerbsfähig. Sie behauptet sich in einem Markt, der von Fusionen und Preisdruck geprägt ist. Das gelingt, weil Rothaus nicht auf Masse setzt, sondern auf eine Premiumpositionierung. Die Bekanntheit der Marke, der kontrollierte Vertrieb und ein klares Qualitätsversprechen sichern stabile Absätze, auch wenn der Bierkonsum insgesamt zurückgeht.

Warum die Staatsbrauerei bleibt, was sie ist

Für Baden-Württemberg ist Rothaus ein Sonderfall: ein traditionsreiches Unternehmen, das wirtschaftlich erfolgreich ist und gleichzeitig regionalpolitische Aufgaben erfüllt. Die öffentliche Eigentümerschaft entstand nicht aus heutiger politischer Überlegung, sondern aus historischer Kontinuität. Dass die Brauerei bis heute staatlich ist, verdankt sie ihrem Erfolg – nicht dem Bedürfnis nach staatlicher Wirtschaftstätigkeit.

Aus diesem Grund gilt Rothaus als Beispiel dafür, dass öffentliche Unternehmen dann bestehen bleiben, wenn sie ohne Subventionen wirtschaftlich arbeiten und stabil zur regionalen Entwicklung beitragen. Die Brauerei aus dem Hochschwarzwald zeigt, dass Staatsregie und Markterfolg kein Widerspruch sein müssen, solange die operative Führung unternehmerisch agiert und der Eigentümer nicht kurzfristig eingreift.

„Klima-Bier“: Umwelthilfe verklagt Rothaus-Brauerei

Rothaus hatte in den vergangenen Jahren verstärkt auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz gesetzt und diese Themen auch kommunikativ in den Vordergrund gestellt. Die Marke „Tannenzäpfle“ genießt bundesweit hohe Bekanntheit und hat insbesondere in urbanen Milieus ein ausgeprägtes Image als traditionsreiches, zugleich modernes Produkt. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat dagegen Klage eingereicht. Streitpunkt ist die Werbung des Unternehmens, das für „Tannenzäpfle“ mit dem Ziel „klimapositiv 2030“ wirbt. Nach Auffassung der Umwelthilfe handelt es sich dabei um unzulässiges Greenwashing.

Die DUH kritisiert, dass Rothaus nicht ausreichend darlege, wie das Ziel der Klimapositivität konkret erreicht werden soll. Auf der Internetseite des Unternehmens fehlten nachvollziehbare Informationen zu Maßnahmen, Zeitplänen und zur Berechnung der behaupteten Klimabilanz, so der Vorwurf. Der Begriff „klimapositiv“ sei für Verbraucher erklärungsbedürftig und dürfe nur verwendet werden, wenn transparent gemacht werde, wie Emissionen vermieden, reduziert, kompensiert oder darüber hinaus aus der Atmosphäre entfernt würden.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch erklärte, die Werbung vermittle den Eindruck, mit dem Konsum des Bieres werde unmittelbar ein positiver Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Tatsächlich bleibe jedoch offen, welche Schritte das Unternehmen unternehme, um mehr Treibhausgase zu binden, als es verursache. Dies stelle aus Sicht der Umwelthilfe eine Irreführung von Verbrauchern dar und verschaffe dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Brauereien, die auf vergleichbare Aussagen verzichteten.

Definition von „klimapositiv“ rechtlich umstritten

Der Begriff „klimapositiv“ ist rechtlich nicht eindeutig geregelt. Allgemein wird darunter verstanden, dass ein Unternehmen zunächst seine gesamten Treibhausgasemissionen bilanziert und ausgleicht, darüber hinaus aber zusätzliche Maßnahmen ergreift, um netto mehr CO₂ aus der Atmosphäre zu entfernen, als es selbst verursacht. Genau hier setzt die Kritik der DUH an: Ohne überprüfbare Angaben zu Emissionen, Kompensationsprojekten und zusätzlichen Klimaschutzmaßnahmen sei die Verwendung des Begriffs aus ihrer Sicht unzulässig.

In den vergangenen Jahren ist die Deutsche Umwelthilfe mehrfach gegen Unternehmen vorgegangen, die mit Begriffen wie „klimaneutral“ oder „CO₂-neutral“ warben. Gerichte haben in mehreren Fällen entschieden, dass solche Aussagen nur dann zulässig sind, wenn sie für Verbraucher transparent und nachvollziehbar erläutert werden.

Brauerei weist Vorwürfe zurück

Rothaus-Geschäftsführer Christian Rasch widerspricht den Vorwürfen. Das Unternehmen verfolge das Ziel der Klimapositivität aus eigenem wirtschaftlichem Interesse. Bier sei ein Naturprodukt, dessen Qualität stark von stabilen klimatischen Bedingungen abhänge. Ein ungebremster Klimawandel gefährde langfristig die Rohstoffversorgung und damit auch die Produktion, sagte Rasch gegenüber t-online.

Man arbeite intensiv daran, Emissionen zu senken und nachhaltiger zu wirtschaften. Das Ziel „klimapositiv 2030“ sei ambitioniert, aber bewusst gewählt. Zu den geplanten Maßnahmen äußerte sich das Unternehmen bislang nur allgemein.