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Niedersachsen organisiert Abschiebungen neu: Land sucht Dienstleister für Flüge und Unterkünfte

In Niedersachsen leben tausende Menschen ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Verlassen sie das Land nicht freiwillig, sind die Behörden verpflichtet, ihre Ausreise durchzusetzen. Um diese sogenannten Rückführungen organisatorisch besser zu bewältigen, sucht das Land nun einen externen Dienstleister.

Dieser soll künftig Flugtickets buchen und Hotelübernachtungen für Begleitpersonal organisieren. Eine entsprechende Ausschreibung liegt vor.

Tausende Rückführungsversuche in kurzer Zeit

Aus den Unterlagen geht hervor, dass Niedersachsen allein in den vergangenen zwei Jahren mehr als 5000 Rückführungsversuche unternommen hat. In all diesen Fällen stellte das Land im Vorfeld Buchungsanfragen für Linienflüge. Der Aufwand ist beträchtlich, denn Rückführungen verlaufen häufig nicht planmäßig.

Nach Angaben des Landes muss bei rund der Hälfte der gebuchten Flüge mit Stornierungen oder Umbuchungen gerechnet werden. Gründe dafür können fehlende Reisedokumente, kurzfristige Gerichtsentscheidungen, medizinische Einwände oder Widerstand der Betroffenen sein. Teilweise kämen Änderungen erst wenige Stunden vor Abflug. Der künftige Dienstleister soll deshalb besonders flexibel agieren können.

Economy Class und norddeutsche Flughäfen bevorzugt

In den Anforderungen der Ausschreibung legt Niedersachsen fest, dass Flüge grundsätzlich in der Economy Class zu buchen sind. Zudem sollen nach Möglichkeit Abflughäfen in Norddeutschland genutzt werden. Damit sollen Reisezeiten für Polizei- und Begleitpersonal verkürzt und die Logistik vereinfacht werden.

Neben den Flugtickets umfasst der Auftrag auch die Buchung von Hotelübernachtungen. Diese werden vor allem für Begleitkräfte benötigt, etwa wenn Rückführungen mehrtägig geplant sind oder Anschlussflüge erst am Folgetag stattfinden. Auch hier verlangt das Land kurzfristige Anpassungsmöglichkeiten, um zusätzliche Kosten zu vermeiden.

Ein weiterer Punkt ist die Kostenkontrolle. Da Umbuchungen und Stornierungen häufig vorkommen, sollen bevorzugt Tarife gewählt werden, bei denen Gebühren möglichst gering ausfallen. Das Land macht deutlich, dass wirtschaftliche Gesichtspunkte bei der Auftragsvergabe eine zentrale Rolle spielen.

Ausreisepflicht und Duldung: eine differenzierte Statistik

Nach Angaben des Landes lebten in Niedersachsen im September 2025 insgesamt 23.158 ausreisepflichtige Ausländer. Diese Zahl wird in der öffentlichen Debatte häufig verkürzt dargestellt, denn der überwiegende Teil dieser Menschen verfügt über eine sogenannte Duldung.

Konkret waren 19.718 Personen geduldet. Eine Duldung bedeutet, dass die Ausreise zwar grundsätzlich erforderlich wäre, aber aus rechtlichen, humanitären oder tatsächlichen Gründen derzeit nicht vollzogen werden kann. Dazu zählen etwa fehlende Reisedokumente, Krankheit oder die Situation im Herkunftsland.

Rein rechtlich zur Ausreise verpflichtet, ohne geduldet zu sein, waren demnach 3441 Menschen. Für diese Gruppe kommen Rückführungen grundsätzlich infrage, sofern keine neuen Hinderungsgründe auftreten.

Verwaltung zwischen Pflicht und Realität

Mit der Ausschreibung reagiert Niedersachsen auf eine Praxis, die für die Ausländerbehörden zunehmend komplexer wird. Rückführungen erfordern eine enge Abstimmung zwischen Behörden, Gerichten, Bundespolizei, Fluggesellschaften und ausländischen Stellen. Gleichzeitig steht das Vorgehen politisch und gesellschaftlich unter ständiger Beobachtung.

Die Landesregierung betont regelmäßig, dass geltendes Recht umgesetzt werden müsse. Zugleich zeigt die hohe Zahl gescheiterter oder verschobener Rückführungen, wie schwierig dies in der Praxis ist. Die nun geplante Bündelung organisatorischer Aufgaben bei einem spezialisierten Dienstleister soll Abläufe effizienter machen – ohne die grundsätzlichen Probleme der Migrationsverwaltung zu lösen.

Ob sich dadurch die Zahl der tatsächlich vollzogenen Rückführungen erhöht, bleibt offen. Klar ist jedoch: Niedersachsen bereitet sich organisatorisch darauf vor, seine Ausreisepflichten konsequenter umzusetzen.