Die portugiesische Regierung treibt die lange diskutierte Privatisierung ihrer staatlichen Fluglinie TAP voran. In einer Fernsehansprache kündigte Ministerpräsident Luís Montenegro am Wochenende an, dass 49,9 Prozent der Anteile in private Hände übergehen sollen – fünf Prozent davon an die Mitarbeiter. Das Ziel sei es, einen strategischen Partner zu finden, der wirtschaftliche Stabilität sichert und zugleich neue Impulse für die nationale Wirtschaft bringt.
Schluss mit dem „Fass ohne Boden“
Montenegro begründete den Schritt mit der Notwendigkeit, die öffentliche Hand von dauerhaften Verlusten zu entlasten. „Wir wollen nicht weiterhin Geld in ein Fass ohne Boden werfen“, sagte der konservative Regierungschef. Die bereits 2015 begonnene Teilprivatisierung war in der Vergangenheit durch massive Proteste und wiederholte politische Umbrüche ins Stocken geraten. Zwischenzeitlich hatte der Staat aufgrund der Corona-Krise wieder die vollständige Kontrolle übernommen – und die Airline mit einem umfassenden Sanierungsprogramm neu aufgestellt.
TAP mit strategischer Bedeutung für Portugal
Die 1945 gegründete TAP (Transportes Aéreos Portugueses) ist mit mehr als 8.000 Beschäftigten das größte Luftfahrtunternehmen des Landes und gilt als wichtiges Bindeglied zu Portugals internationalen Partnern, insbesondere nach Brasilien, Südamerika und Afrika. Auch als Drehkreuz für den portugiesischen Luftverkehr spielt die Airline eine zentrale Rolle. Lissabon erhofft sich von einem privaten Partner nicht nur wirtschaftliche Impulse, sondern auch den Erhalt der nationalen Infrastruktur und der internationalen Streckennetze.
Lufthansa, Air France-KLM und IAG zeigen Interesse
Der bevorstehende Einstieg privater Investoren wird europaweit aufmerksam verfolgt. Zu den potenziellen Käufern zählen laut Branchenkreisen namhafte Airline-Gruppen wie Lufthansa, Air France-KLM und die Holding IAG, zu der unter anderem British Airways und Iberia gehören. Besonders für die Lufthansa, die bereits durch den Kauf von ITA Airways ihre Präsenz im Süden Europas ausbaut, wäre ein Einstieg bei TAP ein strategischer Gewinn. Auch Air France-KLM dürfte angesichts der starken Südamerika-Verbindungen ein Auge auf die portugiesische Airline geworfen haben.
Solider Neustart nach Krisenjahren
TAP war in den Jahren der Pandemie in schwere Turbulenzen geraten: Allein 2020 und 2021 verbuchte das Unternehmen zusammengerechnet fast drei Milliarden Euro Verlust. Inzwischen schreibt die Airline wieder schwarze Zahlen. 2024 meldete sie einen Nettogewinn von 54 Millionen Euro – ein positives Signal für Investoren. Die Sanierung unter staatlicher Führung umfasste harte Einschnitte bei Personal, Strecken und Flotte, aber offenbar mit Erfolg. TAP ist damit eine der wenigen europäischen Airlines, die nach der Pandemie einen eigenständigen Turnaround geschafft hat.
Regierung sichert Einfluss und Infrastruktur
Die Entscheidung, nicht mehr als 49,9 Prozent der Anteile zu verkaufen, soll sicherstellen, dass der portugiesische Staat die Kontrolle über strategische Fragen behält. Laut Ministerpräsident Montenegro wolle man verhindern, dass TAP in ihrer Rolle als nationales Bindeglied und Wirtschaftsmotor an Einfluss verliere. Besonders das Luftdrehkreuz Lissabon und die Nutzung der landesweiten Flughafeninfrastruktur sollen in portugiesischer Hand bleiben.
Bedeutung über den Luftverkehr hinaus
Die geplante Teilprivatisierung der TAP ist nicht nur ein wirtschaftspolitisches, sondern auch ein symbolisches Projekt für die Regierung Montenegros. Sie signalisiert, dass Portugal bereit ist, alte Strukturen zu reformieren und zugleich international wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch der sozialpolitische Aspekt wurde berücksichtigt: Durch die Abgabe von fünf Prozent der Anteile an die Mitarbeiterschaft will man Akzeptanz und Mitverantwortung fördern.
Ob sich am Ende Lufthansa, Air France-KLM oder IAG durchsetzen – oder ein anderer Investor ins Spiel kommt – wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Klar ist: Der portugiesische Luftverkehr steht vor einer neuen Ära.